Von PhD Dr. Kathrin Bieri, Head of Science bei Bodygee
In der Amazon-Serie “The Marvelous Mrs. Maisel” vermisst sich die Protagonistin regelmäßig mit dem Maßband, um sicherzustellen, dass die Umfänge ihrer Oberschenkel, Taille und Hüfte noch ihrem persönlichen Idealmaß entsprechen.
Was für den Zuschauer extrem komisch rüberkommt, ist für den Fitnessstudiobetreiber Alltag. Die meisten Kunden kommen ins Fitnessstudio mit einem individuellen Problem. Sie möchten an einer ganz bestimmten Stelle abnehmen oder Muskeln aufbauen und haben den idealen Körper bereits vor Augen. So steht für den Coach zu Beginn der Trainingsberatung die Analyse des Körpers bzw. die Messung der Körperzusammensetzung.
Caliper und BIA - Was bisherige Methoden können
Während das Maßband längst ausgedient hat, kommt der Caliper, eine Art Zange, vor der ein Kunde schon mal davonlaufen kann, noch relativ oft zum Einsatz. Die Caliper Methode basiert auf der Annahme, dass die Dicke des unter der Haut liegenden Fettgewebes (sogenanntes subkutanes Fett) im Verhältnis zum gesamten Körperfett steht. Mit Hilfe des zangenartigen Messschiebers wird die Haut an einer bestimmten Stelle zusammengekniffen und so die Dicke dieser “Hautfalte” gemessen.
Die für die Messung ausgewählten Hautfalten sind geschlechtsspezifisch, da Fett bei Männern und Frauen unterschiedlich gelagert wird. Brust, Bauch und Oberschenkel werden bei Männern gemessen, während Trizeps, Taille und Oberschenkel die zentralen Stellen für Frauen sind. Die aufgezeichneten Messdaten werden dann in eine Formel überführt, aus der wiederum der Körperfettanteil berechnet wird.
Während der Caliper eine besonders kostengünstige und einfache Option zur Messung der Körperzusammensetzung ist, ist er auch sehr anfällig für menschliche Fehler. Um präzise Ergebnisse zu erzielen, muss die Messtechnik intensiv geschult und geübt werden. Eine Hautfalte immer mit dem selben Handgriff zu packen und zu vermessen ist auch bei langjähriger Erfahrung eine Herausforderung. Zudem muss sichergestellt werden, dass der Kunde immer vom gleichen Trainer vermessen wird, damit nicht die individuelle Technik die Ergebnisse zusätzlich beeinflusst. Bei all diesen Einschränkungen ist es folglich schwierig, die Körperveränderungen im Laufe der Zeit präzise nachzuverfolgen. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass bei der Caliper-Methode mit einer Fehlerquote von circa 10% zu rechnen ist.
Viel häufiger als der Caliper kommt aktuell die BIA-Waage (Bioelektrische Impedanz Analyse) als Messinstrument zum Einsatz. Der Kunde stellt sich auf die Waage und hält sich an zwei Griffen fest. Für etwa 20 Sekunden fließt eine geringe Dosis elektrischen Stroms durch den Körper. BIA misst die Impedanz (=elektrischer Widerstand) des Körpers gegenüber dem Strom und schätzt dabei das Körperwasser. Anschließend wird mit Hilfe einer mathematischen Formel auf das Körperfett geschlossen. Dieses Prinzip basiert auf der Annahme, dass der Körperfettanteil aufgrund seines unterschiedlichen Wassergehalts im Vergleich zu anderen Gewebe geschätzt werden kann.
Die Annahme, dass Körperfett mittels BIA oder einer anderen Methode tatsächlich gemessen werden kann, ist nach wie vor weit verbreitet. Dies ist aber nicht der Fall. Körperfett wird nie direkt gemessen, sondern lediglich anhand von spezifisch analysierten Körpereigenschaften (z.B. Körperwasser) und unter Verwendung einer wissenschaftlich hergeleiteten, mathematischen Formel geschätzt.
Die BIA ist ein Verfahren, das schnell und unkompliziert durchgeführt werden kann und neben dem Körperfett viele andere Daten wie Körperwasser oder Skelettmuskelmasse darstellt. Neue, teurere Geräte zeigen sogar eine Segmentierung des Körpers (rechter Arm, linker Arm, Rumpf etc.). Damit soll der Studiobetreiber die Defizite seiner Kunden gezielt analysieren und das Trainingsprogramm entsprechend anpassen können. Ein professionelles BIA-Gerät kostet einmalig zwischen 2.000 und 6.000 Euro.
Allerdings müssen bei einer BIA viele Kriterien berücksichtigt werden, damit die Messung valide und die Wiederholbarkeit gewährleistet werden kann. Studien haben gezeigt, dass viele Faktoren vor, wie auch während der Messung (u.a. Körperposition, Trainingsverhalten, Tageszeit, Nahrungsaufnahme oder Menstruationszyklus) die Ermittlung des Körperwassers beeinflussen und damit die Berechnung des Körperfetts verfälschen können. Im Alltag der Fitnessstudiobetreiber ist es praktisch unmöglich, all diese Faktoren zu berücksichtigen. So ist mit einer Fehlerquote von circa 3-5% zu rechnen. Interessant ist ebenfalls der qualitative Unterschied zwischen verschiedenen Gerätetypen. Hier wurden Messdifferenzen von bis zu 8% festgestellt.
Weder mit der Caliper-Analyse noch mit einer BIA ist es jedoch möglich, die durch das Training hart erworbenen Körperveränderungen sichtbar zu machen. Hier hilft nur der Blick in den Spiegel.
3D-Körperanalyse: Der neue Standard?
Einer der neuesten Trends bei der Bestimmung der Körperzusammensetzung ist 3D-Körperscanning. Diese Methode vereint Visualisierung mit der nackten Wahrheit: Zahlen und Bilder rund um die Körperzusammensetzung.
Mit non-invasiven 3D-Kameras erfasst der Scanner Oberflächendaten des Kunden und stellt ein exaktes 3D-Modell dar. Dies geschieht mit Infrarotlicht, das vom Körper reflektiert wird, aber für das Auge unsichtbar ist. Es werden dann digitale Messungen an der Körperoberfläche durchgeführt; ähnlich wie bei einem Maßband, jedoch ohne manuelle Einwirkung. Zusätzlich wird die Körperzusammensetzung aus anthropometrischen Daten wie Gewicht, Größe und Körperumfänge mittels mathematischen Formeln berechnet.
Eine mobile Variante des 3D-Scanners ist leicht zu transportieren und nimmt nicht viel Platz ein. Doch es gibt auch auch größere 3D-Scan-Kabinen als stationäre Lösung für große Fitnessketten. Ein Scan dauert je nach Gerät zwischen 10 und 90 Sekunden. Mit der Kameratechnologie erfasst das 3D-Körperscanning präzise Daten, sodass eine genaue Verfolgung der Körperveränderung an ausgewählten Körperstellen über Zeit möglich ist.
Im Gegensatz zu den herkömmlichen Methoden werden beim 3D-Scanning Messfehler aufgrund des unpräzisen Handlings oder schlechter Vorbereitung eliminiert. Es können jedoch auch bei dieser Messmethode Ungenauigkeiten auftreten, dies insbesondere durch das Tragen loser Kleidung oder durch die Körperhaltung (z.B. eingezogener Bauch). Hier ist es besonders wichtig, dass der Trainer seine Kunden entsprechend aufklärt und bei Verdacht auf Ungenauigkeit die Messung wiederholt. Idealerweise lassen sich die Kunden in eng anliegender Unterwäsche scannen. Einige 3D-Scanner in Form von Scan-Kabinen bieten hier zusätzlich Privatsphäre.
Das physische Erscheinungsbild hat heute einen großen Stellenwert. Beim bloßen Blick in den Spiegel sind Veränderungen aber nicht immer sofort erkennbar. Die 3D-Visualisierung zeigt die Körperzusammensetzung aus einer neuen Perspektive. Einige 3D-Scan-Anbieter können den Körper sogar als 3D-Avatar visualisieren. Die Verbindung von dieser qualitativer (visueller) mit einer quantitativer (numerischer) Analyse macht 3D-Scanning zu einem tollen Motivationswerkzeug. Der Trainer kann dem Kunden anhand seines eigenen 3D-Bildes zeigen, an welchen Stellen Körperfett reduziert und Muskulatur definiert wurde, auch wenn sich diese Effekte noch nicht deutlich in den Zahlen widerspiegeln.
Durch das 3D-Bodyscanning wird die Messung für den Kunden zum Erlebnis. Veränderungen werden sichtbar gemacht - der nackten Wahrheit im wahrsten Sinne des Wortes ins Auge geblickt. So kann die Messmethode auch als Werkzeug zur Kundengewinnung, -bindung oder als Verkaufsinstrument für weitere Dienstleistungen eingesetzt werden.
Integration eines 3D-Scanners im Studio - Das sollten Sie beachten
Das Angebot an 3D-Körperscannern hat sich in den letzten Jahren vergrößert. Anbieter haben unterschiedliche Lösungen für große und kleine Studiobetreiber entwickelt. Dabei sind einige Punkte bei der Auswahl zu beachten:
Genauigkeit der Messungen
Nicht alle Körperscanner sind gleich aufgebaut. Achten Sie darauf, dass die digitalen Maßbänder, die der Körperscanner verwendet, präzise sind. Körperscanner können visuell genau erscheinen, aber die Umfänge unpräzise berechnen, weil die Algorithmen, beispielsweise zur Bestimmung der Position einer Taille, nicht korrekt hinterlegt wurden. Seriöse Anbieter haben wissenschaftliche Mitarbeiter, die ihre Geräte genau analysieren, Vergleichsstudien durchführen und Ihnen die Berechnungsgrundlagen offen darlegen.
Welche Messwerte benötige ich?
Unterschiedliche 3D-Scanner ziehen unterschiedliche Körperdaten in ihre Software. Als Fitnessstudio-Betreiber müssen Sie sich darüber im Klaren sein, welche Daten für Ihre Kunden relevant sind. Zum Standard gehören beispielsweise Umfangs- und Haltungsanalysen, visuelle Körperform-Analysen sowie die Berechnung der Körperzusammensetzung (BMI, Waist to Hip Ratio, Körperfett etc.).
Die Darstellung des 3D-Modells zeigt qualitativ noch große Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern. Idealerweise visualisiert die Software den Kunden als fotorealischen 3D-Avatar und nicht nur als 3D-Animation oder Trickfilmfigur. Nur mit 3D-Avataren werden die Vorher-Nachher-Bilder für Kunden zu einem realen Selbstbild.
Die Software zum 3D-Scanner
Die meisten 3D-Körperscanner kommen mit einer Software, für die eine monatliche Lizenzgebühr anfällt. Stellen Sie sicher, dass keine weiteren Kosten für Upgrades oder Integration anfallen. Idealerweise ist die Software einfach über den Browser abrufbar und wird automatisch aktualisiert. So können Sie unnötigen Zeitaufwand reduzieren. Überlegen Sie sich im Vorfeld, welche und wieviele Mitarbeiter Zugang zu der Software benötigen. Auf diese Weise können Sie Kosten für Zugänge minimieren. Je nach Anzahl der Zugänge und der Quantität der Daten, die einfließen sollen, können monatlich Kosten von bis zu 300,- EUR pro Studio anfallen.
Unabhängigkeit von Hardware
Die 3D-Scan-Technologie ist bereits im fortgeschrittenen Stadium und wird immer besser. Klar ist aber, dass sich Geräte weiterentwickeln. Bei der Software sollten Sie darauf achten, dass Sie künftig auch andere 3D-Scan-Lösungen integrieren können. So bleiben Sie immer up-to-date, sollte ein neuer Scanner auf den Markt kommen. Einige Anbieter haben sogar unterschiedliche 3D-Scanner je nach Größe des Studios in ihrem Sortiment. Bei der Hardware fallen einmalig Fixkosten von ca. 800 bis 10.000 EUR je nach Gerät an.
Kundenerfahrung ist King
Grundsätzlich gilt: Keine der hier aufgeführten Methoden kann an die Genauigkeit von einer Messung im Labor herankommen (beispielsweise einer DXA oder MRI Messung zur Bestimmung des Fettgehalts). Was zählt, ist vor allem die Erfahrung, die der Kunde im Studio bei der Datenerfassung hat. In einer Zeit, wo es immer mehr Angebote gibt, gilt es den Kunden zu motivieren, seinen Fortschritt sichtbar zu machen und so seine Begeisterung aufrecht zu erhalten. Dies kann mit innovativen Technologien wie dem 3D-Scanning auf gelingen.